Ein paar von euch können sich vielleicht noch daran erinnern, dass ich vor etwas mehr als einem Jahr eine 50 Jahre alte Hasselblad 500 EL in meine kleine Kamera-Patchwork-Familie aufgenommen habe. Wie ihr vielleicht auch noch wisst, waren die Ergebnisse der ersten Testfilme eher ernüchternd und brachten jede Menge leerer Frames, was einer der Gründe war, warum die Kamera erstmal wieder eine ganze Zeit lang nur im Regal stehen blieb und mir mit ihrem großen Auge immer wieder mal vorwurfsvolle Blicke zu warf. Ich durchforstete zwar das Internet, um einen stabilen Tragegurt für sie zu finden, ergatterte einen alten Gossen Profisix Belichtungsmesser auf Ebay, schaute auch immer mal nach meiner doch recht ergiebigen Sammlung an Rollfilmen und ging doch nie wieder mit ihr vor die Tür, weil ich mir einfach nicht sicher war, ob mit ihr wirklich alles in Ordnung war oder ich beim Blick auf die Negative eventuell wieder nur enttäuscht werde. Vor ein paar Wochen hatte das Universum wohl genug davon, dass ich diese tolle Kamera vernachlässige, denn als ich Anfang Juni auf dem Fotofestival auf Zingst war, traf ich den Mann, der in Deutschland für Hasselblad die Reparaturen macht. Ich erzählte ihm von den Problemen, die ich mit den Testfilmen hatte und er meinte, ich solle ihm die Kamera einfach mal schicken, dann macht er sie mir wieder fit. Gesagt, getan. Es stellte sich heraus, dass Objektiv und Magazin in Ordnung sind, an der Kamera aber die Dichtungen ersetzt werden müssten. Da der Akku und das Ladegerät, die ich beim Kauf der Kamera bekommen habe, sich ebenfalls als nicht unbedingt geeignet herausstellten, habe ich auch dafür gleich noch ordentlichen Ersatz mit dazu bestellt.
Am vergangenen Samstag war ich nun zum ersten Mal wieder mit der alten Lady unterwegs, um einen weiteren Test zu wagen und hörte mindestens 4 Mal den Kommentar “Schöne Kamera”, was ich schon ganz witzig fand wenn man bedenkt, wie unglaublich groß und klobig das Teil ist. Dabei waren die Motive eigentlich erstmal nebensächlich, irgendwas halbwegs interessantes sollte es sein und wenn möglich auch ein bisschen was Buntes, denn sobald die Rolle voll war, wollte ich ein weiteres, schon sehr lange aufgeschobenes Experiment wagen und den Film zuhause selbst entwickeln. Ich muss sagen, es hat mich schon ab und zu etwas gewurmt, dass ich das bisher noch nicht ausprobiert habe, immerhin bin ich ja Chemikerin von Beruf, da sollte so ein bisschen Fotochemie doch wohl zu händeln sein. Wie es der Zufall so will, hat mir vor ein paar Wochen ein Freund sein altes Fotolabor überlassen und auch wenn das vorerst bei meinen Eltern eingelagert ist, habe ich mir zumindest mal eine Entwicklerdose und etwas Kleinkram mitgenommen. Etwa zur gleichen Zeit stolperte ich auch über einen Beitrag zur Filmentwicklung daheim, der mir dann quasi den allerletzten Anstoss gab, es wirklich mal zu probieren. Ich bestellte mir die notwendigen Chemikalien und entschied mich aufgrund der aktuell sehr hohen Temperaturen, einfach mal mit der C41 Farbentwicklung anzufangen. Gestern Abend habe ich dann losgelegt und trotz aller Übung mit einem entwickelten Rollfim am Vortag habe ich beim Versuch, den Film unter der Bettdecke auf die Spule zu wickeln beinahe einen Nervenzusammenbruch gekriegt. Er wollte einfach nicht so wie ich will, hat sich gekringelt und gewunden, nur um dann doch ganz plötzlich wie von Zauberhand in die Spule zur rutschen. Triumphierend ging es dann mit der Dose ins Bad, wo die vorgewärmten Lösungen auf mich warteten und dann wurde fleissig herum gepanscht, gekippt und gespült. Ich bin mir eigentlich gar nicht mehr sicher, ob ich wirklich daran geglaubt habe, dass alles klappt, doch als ich dann nach etwa einer halben Stunde die Dose aufmachte, den Film abwickelte und tatsächlich 12 komplette Bilder entdecken konnte, fand ich das schon ziemlich cool. So hatte ich nicht nur die Gewissheit, dass die Kamera nun tatsächlich ordentlich funktionierte, sondern habe auch gesehen, dass ich mit dem Belichtungsmesser und dem Entwickeln für den Anfang doch schon halbwegs gut zurecht gekommen bin. Jetzt aber erstmal zu den Ergebnissen.
Für diejenigen von euch, die es genau wissen wollen: Hasselblad 500 EL mit Zeiss Planar 80 mm f/2.8, Kodak Ektar 100 entwickelt mit Tetenal C41 Negativ-Kit Rapid im Jobo Tank bei ca. 38°C. Die Farben sind für meinen Geschmack ein wenig zu kühl bzw. bläulich, aber das sehe ich nicht zum ersten Mal und könnte am Film liegen. Ein wenig üben muss ich halt noch, fotografieren mit einem 2 Kilo-Klotz am Hals ist doch ein wenig anders und erfordert deutlich mehr Geduld und Überlegung, aber immerhin habe ich jetzt noch einen guten Grund mehr, um in nächster Zeit wieder vermehrt in analogen Gefilden zu schweben: die Fotochemikalien müssen innerhalb von ein paar Wochen aufgebraucht werden. Na, dann wollen wir mal.
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